Am 28.07.2022 wurde der Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2022 veröffentlicht. Der Bundestag hat am 02.12.2022 das Jahressteuergesetz 2022 mit wichtigen Ergänzungen und Abweichungen gegenüber dem Regierungsentwurf verabschiedet.  Der Bundesrat hat am 16.12.2022 dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt.

Im Bewertungsgesetz werden insbesondere das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden an die geänderte ImmoWertV angepasst. Durch die geplanten Änderungen kommen teilweise bis zu 50 % höheren Steuerwerten zustande als dies bisher der Fall ist. Dies zwingt gerade Erben in Gebieten mit hohem Bodenrichtwert zum Verkauf. Der Beratungsbedarf ist deshalb derzeit enorm, denn die Anpassung kommt zu einem Zeitpunkt in der gleichzeitig ein Rückgang der Immobilienpreise zu verzeichnen ist. So lagen die Durchschnittspreise für eine finanzierte Immobilie inkl. Nebenkosten im dritten Quartal 4,3 Prozent weniger als noch im zweiten Quartal. Bereits im zweiten Quartal waren die Immobilienpreise laut Interhyp um 0,9 Prozent gesunken.

 

Zu den relevanten Änderungen bei Grundstücksbewertung:

 

  • Die Bewirtschaftungskosten sind künftig generell auf Grundlage von Anlage 23 anzusetzen. Die Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten im Ertragswertverfahren werden künftig an den vom Statistischen Bundesamt festgestellten Verbraucherpreisindex zum Monat Oktober angepasst. Als Basis gilt der Verbraucherpreisindex von Oktober 2001.

  • Die Liegenschaftszinssätze werden an das Marktniveau angepasst.

  • Zur Ermittlung des Grundstückssachwerte ist der vorläufige Grundstücksachwert mit der Wertzahl (=Sachwertfaktor) gem. Anlage 25 zu multiplizieren.  In Anlage 25 werden die Wertzahlen in Intervallen aus vorläufigem Sachwert und Bodenrichtwert durch lineare Interpolation ermittelt.

  • Zur Ermittlung des Gebäudesachwerts werden die durchschnittlichen Herstellungskosten künftig mit den Regionalfaktor multipliziert. Derzeit liegt kein geeigneter Regionalfaktor zugrunde, wir gehen von 1.0. aus.

  • Die Restnutzungsdauer für Ein-/Zweifamilienhäuser, Wohngebäude, Mietwohngrundstücke werden von 70 auf 80 Jahre erhöht.

  • Der Wert des Erbbaurecht/Erbbaugrundstück ist durch Multiplikation des finanzmathematischen Wert des Erbbauwerts mit einem Erbbaurechtsfaktor zu ermitteln. Derzeit wird hier 1.0 angenommen.

  

Weitere relevante Änderungen:

 

  • Der jährliche lineare AfA-Satz für nach dem 30. Juni 2023 fertiggestellte Gebäude, die Wohnzwecken dienen, wird von 2 auf 3 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten angehoben und damit der Abschreibungszeitraum von bisher 50 auf 33 Jahre verkürzt.
    Gebäude, die Wohnzwecken dienen und nach dem 31. Dezember 2022 fertiggestellt worden sind, werden mit 3 % abgeschrieben. Solche die nach dem 31. Dezember 2022 fertiggestellt worden sind, jährlich 3 %, vor dem 1. Januar 2023 und nach dem 31. Dezember 1924, jährlich 2 %. Alle Gebäude die vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt worden sind, jährlich mit 2,5 %. 

  • Der bisher erst für das Jahr 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen wird bereits auf das Jahr 2023 vorgezogen.
     
  • Der Sparer-Pauschbetrag wird ab dem Veranlagungszeitraum 2023 von 801 Euro auf 1.000 Euro für Alleinstehende und von 1.602 Euro auf 2.000 Euro für Ehegatten/Lebenspartner erhöht.

  • Es wird eine Ertragssteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb von
    Photovoltaikanlagen bis zu einer Bruttonennleistung  von 30 kW auf Einfamilienhäusern und Gewerbeimmobilien bzw. 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei übrigen Gebäuden eingeführt. Es werden auch Photovoltaikanlagen auf überwiegend zu betrieblichen Zwecken genutzten Gebäuden bis zu 15 kW je Wohn-/Geschäftseinheit begünstigt. 

  • Steuerfreier des Grundrentenzuschlag, § 3 Nr. 14a EStG: 
    Wer viele Jahre gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient hat, soll künftig einen Grundrentenzuschlag erhalten. Der Grundrentenzuschlag ist keine eigenständige Leistung, sondern ein Plus zur bestehenden Rente. Er wird zusammen mit der gesetzlichen Rente ausgezahlt. Die Höhe wird individuell bestimmt. Das Grundrentengesetz ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Um den Zuschlag erhalten zu können, müssen mindestens 33 Jahre an sogenannten Grundrentenzeiten vorhanden sein.

    Zugrunde gelegt werden allen Grundrentenzeiten, in denen der Verdienst mindestens 30 Prozent des Durchschnittsverdienstes in Deutschland betragen hat, höchstens 80 Prozent. Sind die Voraussetzungen für den Grundrentenzuschlag erfüllt, dann wird der Durchschnittswert aus den Zeiten verdoppelt, die für die Berechnung des Grundrentenzuschlags relevant sind, maximal bis 80 % des Durchschnittsverdienstes. Beim Grundrentenzuschlag erfolgt eine Einkommensprüfung. Das bedeutet, dass den Grundrentenzuschlag in voller Höhe nur die Rentnerinnen und Rentner bekommen, die als Alleinstehende ein Monatseinkommen von bis zu 1.250 Euro oder als Ehepaar von bis zu 1.950 Euro zur Verfügung haben. Liegt das Einkommen darüber, wird es zu 60 Prozent auf den Grundrentenzuschlag angerechnet. Ab einem Monatseinkommen von 1.600 Euro beziehungsweise 2.300 Euro bei Ehepaaren wird es zu 100 Prozent angerechnet. 

  • Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, § 9a S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ab 2023 von 1.200 auf 1.230 €.
     

Alle relevanten Änderungen wurden in FINESS bereits umgesetzt und werden mit dem kommenden Release allen Lizenznehmern zur Verfügung gestellt. 

 

Manfred Angermeier

[02.01.2023]